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Zwischen Reiz und Reaktion liegt deine Führungsstärke

Gefühle führen – warum HR endlich über Emotionen reden muss

Was die Forschung zur Bewertungstheorie und die Gewaltfreie Kommunikation für echte Führungskultur bedeuten

Stell dir vor: Ein wichtiges Projektteam trifft sich zum Jour Fixe. Die Stimmung ist angespannt. Die Deadline rückt näher. Kurz nach Beginn platzt ein Mitarbeiter heraus: „Immer bleiben die komplexesten Tasks bei mir hängen – ich hab echt keinen Bock mehr!“


Alle verstummen. Die Projektleiterin atmet tief durch, ringt um Fassung – und antwortet: „Das war so nicht geplant. Wir können das später klären.“ Der Moment verpufft. Keine Klärung, kein Gespräch über das, was wirklich passiert ist. Keine Verbindung.

 

Und damit: verlorenes Vertrauen, verlorene Energie, verlorene Lernchance.

 

 

In solchen Momenten entscheidet sich, ob ein Team nur zusammenarbeitet – oder ob es sich auch gemeinsam weiterentwickelt. Denn Konflikte sind keine Störung der Zusammenarbeit, sie sind oft die Einladung zur echten Beziehung. Voraussetzung dafür: Du musst verstehen, woher Gefühle kommen – und wie du sie sprachfähig machst.

Zwischen Auslöser und Ursache: Der blinde Fleck im Arbeitsalltag

Emotionen sind im Arbeitskontext oft wie unerwünschte Gäste: präsent, aber unangenehm. Sie gelten als irrational, unprofessionell oder zumindest unberechenbar. Doch gerade in agilen, kreativen oder krisenanfälligen Umfeldern entscheidet der Umgang mit Emotionen über das, was Unternehmen heute „Future Skills“ nennen: Führungsfähigkeit, Vertrauen, Resilienz, Innovationskraft.

 

Was viele nicht wissen: Gefühle sind nicht durch andere „verursacht“.
Sie entstehen durch unsere innere Bewertung von Situationen – also durch unsere Gedanken, Interpretationen und Maßstäbe. Diese Unterscheidung zwischen Auslöser (das äußere Ereignis) und Ursache (meine innere Deutung) ist der Schlüssel für nachhaltige Veränderung. Und: Sie ist trainierbar.

Wissenschaftlich bestätigt: Denken formt Fühlen

Die bislang umfassendste Meta-Analyse zu diesem Thema stammt von Yeo & Ong (2024). Die beiden Forscher haben über 2.600 Effektgrößen aus 309 Studien ausgewertet. Ihr Ergebnis:

  • Rund 75 % der theoretisch vorhergesagten Paare aus Bewertung und Gefühl wurden statistisch bestätigt.

  • Die mittlere Effektstärke lag bei r ≈ 0,33 – ein deutlich positiver Zusammenhang zwischen bestimmten Appraisals (Gedanken) und bestimmten Emotionen.

  • Selbst neu entdeckte Zusammenhänge, die vorher nicht erwartet waren, zeigten einen signifikanten Zusammenhang (r ≈ 0,27).

 

Fazit: Wie du eine Situation denkst, beeinflusst messbar, wie du sie fühlst.
Das bestätigt, was du vielleicht intuitiv schon gespürt hast – aber bislang nicht bewusst genutzt hast: Emotionen sind lenkbar – nicht durch Kontrolle, sondern durch Reflexion.

Vom Verstehen zur Haltung: Die Brücke zur Gewaltfreien Kommunikation

Marshall Rosenberg, Begründer der Gewaltfreien Kommunikation (GFK), hat diesen Zusammenhang in einem einfachen Satz auf den Punkt gebracht:

„Es ist nie das, was andere tun, was uns wütend macht – es ist unser Denken darüber.“

 

Die GFK übersetzt die kognitive Bewertungstheorie in eine lebenspraktische Gesprächsform, die du in Trainings, Mediationen und Führungsdialogen unmittelbar anwenden kannst. Statt Schuldzuweisungen oder Diagnosen geht es um die Frage:
„Was ist in mir lebendig? Was brauche ich – und was braucht mein Gegenüber?“

Praxisnah trainierbar: Bewertung live erleben – mit Improvisation

Als Kommunikationstrainer mit Hintergrund im Improvisationstheater  weiß ich:

Erkenntnisse entstehen nicht im Kopf – sondern im Körper.

In meinen Trainings erlebst du Bewertungen nicht theoretisch, sondern situativ. Zum Beispiel:

  • Zwei Führungskräfte improvisieren ein Konfliktgespräch, das mit Ärger beginnt. Dann stoppen wir: „Was denkst du gerade? Welche Geschichte erzählst du dir?“
    👉 Der eine sagt: „Ich fühle mich übergangen.“ – Der andere: „Ich dachte, ich helfe dir.“
    Ergebnis: Beide bewerten dieselbe Situation unterschiedlich – und fühlen entsprechend anders.

  • In einer anderen Szene sagt eine Kollegin genervt: „Das hast du doch schon tausendmal gesagt!“ Die Übung: Was wäre eine empathische Reaktion, die die Bewertung hinter dem Satz erkennt?
    👉 Möglichkeit: „Klingt so, als ob du Klarheit brauchst – stimmt das?“

 

Solche spielerisch-sicheren Settings schaffen Räume, in denen du erforschen kannst, wie Bewertungen Gefühle erzeugen – und wie du das sprachlich transformieren kannst.

Und was hat das mit dir als HR zu tun?

Sehr viel. Denn HR ist heute mehr als Verwaltung – es ist Beziehungsgestaltung. Die Fähigkeit, Emotionen nicht nur zu „managen“, sondern sie zu verstehen und sprachfähig zu machen, ist eine der zentralen Kompetenzen für:

 

Mediation & Konfliktklärung

 

  • Wenn du zwischen Ursache und Auslöser unterscheidest, kannst du echte Vermittlung leisten.

  • GFK ermöglicht dir, den Schmerz hinter dem Verhalten zu sehen, ohne das Verhalten zu rechtfertigen.

Führung & Feedback

  • Wenn du als HR-Partner Führungskräfte stärkst, mit Emotionen sicher umzugehen, entsteht vertrauensvolle, klare Kommunikation.
  • Feedback wird sicherer, weil es bedürfnisorientiert statt beurteilend formuliert ist.

Vertrauen & psychologische Sicherheit

  •  Wenn Mitarbeitende verstehen, dass Gefühle erlaubt sind – und dass sie ihre Bewertungen beeinflussen können –, entsteht echte psychologische Sicherheit.
  • Nicht durch Werteplakate, sondern durch gelebte Verbindung im Gespräch.

Bewertung als Schlüsselkompetenz: Was du trainieren solltest

Willst du Kommunikationskultur gestalten, die über Oberflächliches hinausgeht, brauchst du Formate, in denen Teams lernen:

  • Bewertungen zu identifizieren („Was denke ich gerade?“)

  • Bewertungen zu hinterfragen („Welche Geschichte erzähle ich mir?“)

  • Bewertungen in Bedürfnisse zu übersetzen („Was brauche ich wirklich?“)

 

Das ist nicht angeboren – aber erlernbar. Und es verändert, wie ihr arbeitet, führt, entscheidet.

Fazit: Gefühle führen – und sich führen lassen

Wenn du heute Teams, Projekte oder Organisationen begleitest, brauchst du die Fähigkeit, mit Emotionen zu führen – nicht gegen sie. Die Forschung ist eindeutig: Wie du bewertest, bestimmt, wie du fühlst. Und wie du fühlst, beeinflusst, wie du handelst, kommunizierst und mit anderen in Beziehung gehst.

 

Die Gewaltfreie Kommunikation liefert dir dafür keine Technik, sondern eine Haltung, die du trainieren kannst. Kombiniert mit aktuellen Erkenntnissen der Emotionsforschung ergibt sich ein klarer, kraftvoller Kompass für moderne Führungskultur.

 

👋 Bist du bereit?

Ich begleite Teams, HR-Profis und Führungskräfte in Trainings, Workshops und Coachings dabei, empathische Kommunikationskultur zu leben – fundiert, konkret, bewegend.

🎭 Mit Improvisation.
💡 Mit Wissenschaft.
🧭 Mit Haltung.

 

📩 Lust auf ein Impulsformat oder ein vertiefendes Training?

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